Die quälende Frage lautet: Wem dient die Berichterstattung in einer Zeit, in der sich alles durch seinen Nutzen rechtfertigen muss? So gestellt, ist sie sehr schwer zu beantworten, außer von Jean-Philippe Rémy, Vor-Ort-Reporter der Tageszeitung „Le Monde“. Die Berichterstattung ist wie die Freiheit. Jeder kann verstehen, dass es „ohne“ - ohne Freiheit, ohne Berichterstattung - zweifelsohne weniger gut wäre.
Die Bevölkerung autoritär geführter Länder oder Länder, in denen Krieg herrscht, stellt das Fehlen der Wahrheit schwer auf die Probe. Sie sind nicht mehr die Einzigen. Die digitale Desinformation nagt nunmehr an den Demokratien. Im Zeitalter der Social Media-Netzwerke „trollen“ Gaunerstaaten das Internet, um Gerüchte und Fake News zu verbreiten und die Welt zu destabilisieren. Ein Gaunerpräsident macht genau das an der Spitze der ersten Demokratie der Welt und riskiert, die Demokratie in etwas anderes umzuwandeln. Oder gibt es eine andere Alternative zur Demokratie als die eine oder andere Form der Diktatur?
Auf den Philippinen, der Petrischale des Trump-Teams, ist die Flut des Hasses aus dem Virtuellen schon sehr real geworden. Sie hat schon das Leben von mehr als 20.000 Menschen gekostet. In der allgemeinen Gleichgültigkeit, die vielerorts auf der Welt herrscht, werden Journalisten nunmehr bedroht, eingesperrt, gefoltert, als Geiseln genommen, ermordet, auch in Europa, wo sie zum Ziel der Mafia werden. Unbestraft.
Wie nun diese Klippen umschiffen? Wie das Vertrauen erneuern? Dies ist ein anderes wichtiges Thema. Die verlässliche, glaubwürdige, professionelle Berichterstattung ist in Gefahr. Die Berichterstattung ist nun mal keine Ware wie die anderen. Und auch wenn die Medien - sehr geschwächt auf wirtschaftlicher Ebene - nicht von der Kritik ausgenommen sind, so tragen die Bürger doch einen Teil der Verantwortung. Indem sie sich für „gebührenfreie“ Medien entscheiden, wenden sie sich von der verlässlichen Berichterstattung (die alleine zählt und die einen Preis hat: Enthüllung, Reportage, Analyse) zugunsten des digitalen Ozeans, seiner Psychosen und seiner Paranoia ab. Erinnern wir uns, die Kosten für eine seriöse Informationsquelle, eine Tageszeitung, sind niedriger als der Preis für eine Tasse Kaffee. Aber viele sind der Meinung, dass auch das noch viel zu teuer ist.
Ist ein Bürger, der nicht, falsch oder unzureichend informiert ist, der nicht an der Debatte teilnimmt, der die Themen der Gesellschaft, deren Teil er ist, nicht versteht, noch ein verlässlicher Wähler? Kann man noch, ohne darauf zu reagieren, weiterhin diese faule und unüberlegte Floskel hören: „Die Medien erzählen nur Unsinn“? Medien von exzellenter Qualität gibt es noch immer. Die Bürger müssen einwilligen, sie zu kaufen und sich die nötige Zeit nehmen, um sich ernsthaft zu informieren.
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